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Das skandinavistische Dissertationsprojekt untersucht Formationen der isländischen Prosatradition im 18. und 19. Jahrhundert und verknüpft die moderne Literaturproduktion Islands mit ihrer Vormoderne im Kontext europäischer und aussereuropäischer Literaturen.
Im Zentrum des Dissertationsvorhabens stehen isländische Erzähltexte, in denen sich in Anlehnung an Michails Bachtins sprachphilosophischen Ansätzen eine „Romanhaftwerdung“ abzeichnet. Die Veränderungen in der Form der Darstellung, die sich in einem neuen Verständnis von Stimme, Folge und Fokalisierung im Erzähltext äussern, sollen mit materiellen und paratextuellen Beobachtungen in Beziehung gesetzt und untersucht werden: Die spätvormoderne, genuin isländische Prosaüberlieferung nimmt in den europäischen Literaturen eine Sonderstellung ein, da sie bis ins 19. Jahrhundert hinein beinahe ausschliesslich handschriftlich verfasst und überwiegend anonym in Sammelhandschriften tradiert ist. Welche Anteile das Materielle am Erzähltext selbst hat, soll mittels einer historisch-informierten „material narratology“ an Texten wie Sagan af Níels eldra og Níels yngra, Saga af Parmes Loðinbirni oder Sagan af Árna Yngra Ljúfling untersucht werden. Eine solche Lektüre erlaubt es, die Erzähltraditionen des 18. und 19. Jahrhundert nicht nur aus einer philosophischen und ökonomisch-historischen Perspektive zu lesen – wie dies unter Einfluss des Romanforschers Ian Watts vor allem geschehen ist. Sondern ermöglicht einerseits neue Zugänge zu den Erzähltexten, die jene narrative Verfahren in den Mittelpunkt rücken, die das „Romanhaftwerden“ insbesondere bestimmen, und berücksichtigt andererseits die Materialität und Paratextualität der isländischen Prosaüberlieferung.