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Deutsches Seminar

Poetikvorlesung 2012 Brigitte Kronauer "Was ist schon ein Roman!"

«Indem Literatur die grundsätzliche Ambivalenz, Glanz und Hinfälligkeit ihrer Gegenstände in Erinnerung bringt, ihrer Menschen, Leidenschaften, Ideen, ist sie die beste Arznei gegen drei schwere Plagen: gegen Ideologie, Kitsch, Wissenschaftsgläubigkeit. Ein Trost durch Erkenntnis, nicht durch Betäubung.»«Gemeint ist nicht unbedingt programmatischer Avantgardismus[...]. Ich spreche auch nicht von Rebellentum, das gezielt Erwartungen zu zerstören beabsichtigt. Ich denke bloss ganz bescheiden daran, dass man etwas noch Unsichtbares, nicht Artikuliertes [...] auch unter Einsatz einer scheinbaren Formentgleisung ans Licht bringen will [...]. Eine Vision soll in die Aussenwelt überführt werden, ohne dabei durch Fremdeingriff der Norm in den interessantesten, persönlichsten Aspekten zum Teufel zu gehen.»

«Was ist schon ein Roman!» – unter diesem Titel sprach Brigitte Kronauer in ihren drei Poetikvorlesungen weniger um eine Bestimmung des Romans als um die Anfechtungen bei ihrem eigenen Schreiben, die sie als «Prüfung der beim Schreiben nötigen Substanzen» verstanden haben will: das wiederholte Scheitern des Romans an der Wirklichkeit, am herrschenden wissenschaftlich-pragmatische Weltbild, das der Literatur noch die Funktion der Zerstreuung und des Ornaments zugesteht. Diesen «kritischen Augenblicken» habe die Literatur in aller Bescheidenheit allemal eine Vision entgegenzuhalten.

Brigitte Kronauer, 1940 in Essen geboren, studierte Germanistik und Pädagogik in Aachen und Köln. Sie ist Verfasserin von Romanen, Erzählungen und poetologischen Essays. Erschienen sind u.a. Favoriten. Aufsätze zur Literatur (2010) und Die Kleider der Frauen (2008). Kronauer ist Trägerin zahlreicher Literaturpreise, darunter der Georg-Büchner- und der Heinrich-Böll-Preis. Seit 1974 lebt die Autorin in Berlin.

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2012 Brigitte Kronauer

Brigitte Kronauer

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