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Deutsches Seminar

Das Tier als Frage und Vorstellung

«Schreiben ist [...] jenes Wechselspiel, das sich aus dem Treffen von Entscheidungen und ihrem Umstossen ergibt, aus Beobachtungen, die dem Imaginierten in die Quere kommen, aus der Erkenntnis, dass in Gedichtnotizen ein Romanvorhaben steckt. Und immer wieder die Erfahrung: Ich habe einen Satz begonnen – zu Ende gebracht, aber wird er nicht von mir, sondern von der Sprache selbst.»«Ich werde die Sprache nie beherrschen. Und sollte ich einmal müde werden, sollte meine Aufmerksamkeit nachlassen, sollte ich der Bequemlichkeit halber bestehende Darstellungsformen und Sprachmuster als unproblematisch und uneingeschränkt tragfähig erachten, kann ich mir sicher sein, das Tier wird mich aus der drohenden Erstarrung retten, wird sich als Regulativ bemerkbar machen: Denn jede Begegnung mit einem Tier ist eine Übung in angewandter Sprachkritik.»

Marcel Beyer sprach in seinen Vorlesungen über den Abgrund zwischen Tier und Mensch und die Herausforderung, im Schreiben eine Brücke zu schlagen. Denn wo der Mensch in seiner «sprachlichen Verfasstheit» auf das stumme Tier trifft, wird er konfrontiert mit seiner eigenen Sprachlosigkeit. In diesem «Unbehagen an der Sprache» und seinem Unvermögen, seiner Wahrnehmung sprachliche Form zu verleihen, darin liegt für Beyer der Reiz und die Herausforderung des Schreibens.

Marcel Beyer wurde 1965 in Taiflingen/Baden Württemberg geboren und lebt heute in Dresden. 1991 debütierte er mit dem Roman Menschenfleisch. Danach erschienen u.a. die Romane Flughunde (1995) und Kaltenburg (2008). Neben seinem literarischen Schaffen wirkte Marcel Beyer als Herausgeber u.a. für die Reihe «Vergessene Autoren der Moderne». Unter zahlreichen anderen Auszeichnungen wurde ihm 2001 der Heinrich-Böll-Preis verliehen.

Weiterführende Informationen

2009 Marcel Beyer

Marcel Beyer

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