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«Die Frage, die sich hier andeutet, ist die nach dem Zusammenhang der cartesischen Revolution mit den Paradoxien und Aporien der Poesie.»«Was will man eigentlich sagen, wenn man vom lyrischen Ich spricht? Oder anders: Geht von Descartes womöglich ein Impuls aus, ohne den auch das Ich des Lyrikers nicht mehr denkbar ist?»«Meine Poetik ist daher bis heute eine Poetik des Sehens und Staunens geblieben, des Heraufrufens von Gesehenem und des Visualisierens dessen, was man nicht sehen kann.»
Durs Grünbein befasste sich in seinen Vorträgen mit der Poetik des Philosophen Descartes. Dessen Philosophie basiere auf einem sich selbst beobachtenden, «weltkonstituierenden Ich» und somit gehe der Philosoph wie ein Dichter vor; dessen «Weg ins Reich der Naturwissenschaften [führte] über Traumpfade.» Indem Grünbein die poetische Dimension der Descart’schen Wissenschaftlichkeit aufzeigt, verweist er umgekehrt auf den (natur-)wissenschaftlichen Diskurs als konstitutives Moment seines eigenen Schreibens.
Durs Grünbein (*1962 in Dresden) ist Lyriker, Essayist und Übersetzer (aus dem Lateinischen und Altgriechischen) und lebt heute in Berlin. Mit Schädelbasislektion (1991) erlangte er grössere Bekanntheit, in seinen Essays (Warum schriftlos leben 2003) finden sich poetologische Überlegungen. Daneben weisen die Zürcher Vorlesungen thematische Bezüge zu einzelnen Gedichten aus dem Band Falten und Fallen (1994) sowie Vom Schnee oder Descartes in Deutschland (2003) auf. 2008 erscheint Der cartesische Taucher.