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«Lesen, Gehen, Reisen, Schreiben wirbelt immer auch Staub auf, auch den Schnee vergangener Jahre, der ein paar Herzschläge später wieder sachte herabfällt und das, was ist, nachformt und deutlicher macht als jemals zuvor oder gnädig verhüllt – es liegt an uns.» «Aber selbst wenn er [der Erzähler] sagt: Mir genügt das Meinige, ich spreche von mir, nur von mir, [...] – selbst dann erscheint einem Erzähler die Welt noch einmal anders und neu – muss er sich doch auch der einfachsten Dinge, mit denen er seine Geschichte beginnen will, erst vergewissern. [...] Wovon immer er spricht – in seiner Geschichte, in seiner Sprache muss der Erzähler alle Welt noch einmal erfinden [...].» «Grössenwahn, sagen Sie? Vielleicht haben Sie recht. Aber hat nicht jeder Anspruch, etwas zu benennen, zur Sprache zu bringen, mit diesem Wahn zu tun? und kann wie jeder Wahn enden – mit einem Sturz ins Bodenlose.»
Christoph Ransmayr sprach in seinen Vorlesungen über die Verflechtung von Schreiben und Gehen, Erzählen und Reisen. Er beschrieb nicht nur das Schreiben als «Weg ins Innere einer Geschichte», sondern betonte auch, dass man im Gehen zur Sprache finden kann. In seiner Lesung aus dem damals noch unveröffentlichten Roman Der fliegende Berg, in dem zwei Brüder einen unbestiegenen Berg im Tibet zu erklimmen versuchen, wurde das gehende Erzählen geradezu hörbar.
Christoph Ransmayr (*1954 in Wels/Oberösterreich) lebt heute in West Cork, Irland. Neben seinen Romanen (u.a. Die letzte Welt 1988; Der fliegende Berg 2006) hat der Autor in der Reihe Spielformen des Erzählens Essays zu poetologischen Fragen veröffentlicht (darunter Die Verbeugung des Riesen 2003; Geständnisse eines Touristen 2004).