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«Ich war kaum da und schon ein Übriggebliebener (einer, den man vergessen hat). Noch kaum auf der Welt und schon ein Überlebender.»«Literatur: Auskunftsbüro der Angst in der Form der Bannung ist zuletzt Bannung des Unbegreiflichen, aber so, dass die Scherbe der Unbegreiflichkeit eine Kontur ergibt.»«Nun kommt dazu, dass Vergessen Sprachlosigkeit bedeutet. Hernach brodelt jene Angst, die von denen aus den Wolken und in den Erschiessungsgruben herauskroch und in uns Heutige hinein, in allen Segmenten des ICH, ungebannt, in den Körpersprachen [...]. Doch das Gedächtnis, das ist ein kultur-historisches, und es prägt sich ins persönliche, wird zum persönlichen Gedächtnis. [...] Es benennt, was nicht stimmt, und nun stimmt es nicht und ist die ganze Wahrheit.»
Robert Schindel begann seine Poetikvorlesungen mit dem Problem, als Literat – «jene Leute mit den Schreibschwierigkeiten» – über Literatur zu reden, und kam dann auf die Angst zu sprechen, die sein Schreiben einerseits begründet, die er andererseits damit aber auch zu bannen versucht. Diese Angst sei auch diejenige eines ‹Übriggebliebenen›. Als Kind von Kommunisten jüdischer Herkunft 1944 geboren, überlebte er in einem Versteck in Wien. Dadurch sei sein Schreiben Teil eines Gedächtnisprozesses geworden, dem er weder entkommen noch gerecht werden könne. Auszüge aus Robert Schindels Zürcher Poetikvorlesung finden sich im Band Gott schütz uns vor den guten Menschen. Jüdisches Gedächtnis – Auskunftsbüro der Angst (1995). Sein Roman Gebürtig (1992) erzählt auf äusserst humorvolle und differenzierte Weise von den Identitätskonflikten der Generation der ‹nach dem Holocaust geborenen›. Daneben hat Robert Schindel mehrere Gedichtbände veröffentlicht, darunter Ohneland (1986) und Immernie (2000).