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Eine Welt entsteht unter meinen Schritten
Ein unerwarteter Todesfall
Vom Machen und vom Finden
Organisation: Prof. Dr. Sabine Schneider, Deutsches Seminar, und Nicola Steiner, Literaturhaus Zürich
Pressebeiträge:
"Was hätte ich davon, wenn ich über mich selbst schriebe?", Tages-Anzeiger, 22.11.2023
"Schreiben heisst, die Welt zu fressen", Neue Zürcher Zeitung, 25.11.2023
Was geschieht mit einem Autor und seinem Text, wenn die Verfertigung seines aktuellen Romans in einem Dokumentarfilm festgehalten wird? Wie lassen sich Fiktion und Wirklichkeit noch trennen, wenn dieser Roman von einem Autor handelt, über den ein Dokumentarfilm gedreht wird? Peter Stamms jüngster Roman In einer dunkelblauen Stunde und der Film Wechselspiel – Wenn Peter Stamm schreibt, zeitgleich Anfang 2023 herausgekommen, teilen und steigern dieses Wechselspiel von Fiktion und Realität.
Figuren, die zwischen den Zeiten wechseln, im Text doppelt da sind, sich als Wiedergänger früherer Texte und kultureller Skripts erweisen, begegnen uns in Peter Stamms Erzählwelt immer wieder. Seine Figuren gehen ihre ganz eigenen Wege, brechen unvermittelt aus ihrem Alltag aus, um sich erst recht auf schon vorgeschriebenen Routen wiederzufinden. So unsicher die Verortung in der Zeit, so sicher ist diejenige im Raum – wiedererkennbare Strassen, Dörfer, Stadtquartiere und Landschaften bieten Orientierung.
Peter Stamms Figuren erklären ihre Beweggründe nicht. Das wirft im jeweiligen Umfeld Fragen auf, lässt mögliche Erklärungen und Vorstellungen zu neuen Geschichten werden, ohne aber zu abschliessenden Antworten zu führen. Erzählt ist dies schnörkellos, in knappster, sachlicher Prosa, kein Wort ist hier zu viel. Es ist diese distanzierte Nähe und stilistische Schärfe, die Peter Stamms Werk zu «Weltliteratur» (Philipp Theisohn) macht: Gut 150 Übersetzungen in 40 Sprachen gibt es von seinen Texten.
Peter Stamm, 1963 in Weinfelden geboren, lebt und arbeitet nach Aufenthalten in New York, Paris und Skandinavien seit 1990 als freier Autor in Winterthur. Sein Romandebüt Agnes veröffentlichte er 1998, seitdem sind sieben weitere Romane, fünf Erzählsammlungen, ein Band mit Theaterstücken und Kinderbücher erschienen. Einige seiner Romane und Erzählungen sind verfilmt worden. Peter Stamms Werk ist vielfach ausgezeichnet worden, unter anderem 2017 mit dem Schillerpreis der Zürcher Kantonalbank und 2018 mit dem Solothurner Literaturpreis. Für seinen Roman Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt hat er 2018 den Schweizer Buchpreis erhalten.
Poetologische Hilfestellungen zur Frage, welche Relevanz eine Unterscheidung von Fiktion und Realität im aktuellen Schaffen Peter Stamms noch beanspruchen darf, verspricht nun die Zürcher Poetikvorlesung Eine Fantasie der Zeit.
Am Donnerstag, 30.11.2023, wird um 18.00 Uhr vor der Vorlesung der Dokumentarfilm (2023) über Peter Stamm von Arne Kohlweyer und Georg Isenmann im Literaturhaus gezeigt.
Foto: Standbild aus dem Dokumentarfilm© SRG
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