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Nach Kriegen und Revolutionen stellen sich ab der Mitte des 17. Jahrhunderts grundsätzliche Fragen der Legitimation politischer Herrschaft neu. Das Projekt zeigt, wie Gesellschaftsideale des zivilen Umgangs in Literatur verhandelt und durch Literatur vermittelt werden. Eine zentrale Rolle kommt hierbei Konzepten des ,Großmuts‘ zu, in deren Zusammenhang humanistische und neostoizistische Wissensbestände unter dem Paradigma literarischer Galanterie neu konfiguriert werden.
Das Projekt geht seiner Fragestellung mit vertieftem Fokus auf Konstellationen des sozialen Konflikts und Fragen seines Ausgleichs unter Maßgabe naturrechtlicher und liebesethischer Konzepte nach. Zentrale Gegenstandsbereiche stellen auf die Breite der galanten Diskurse bezogene begriffsgeschichtliche Reflexionen zum Konzept des ,Großmuts‘ (magnanimitas) dar. In einem nächsten Schritt werden politische und medizinische Bezüge in den Poetiken Christian Hoffmann von Hoffmannswaldaus (1616–1679) und Christian Weises (1642–1708) untersucht.
Vor diesem Hintergrund beleuchtet das Projekt die Programmatik deutschsprachiger Galanterie um 1700 und deren Weiterentwicklungen im 18. Jahrhundert auf neuartige Weise. In der Untersuchung von Differenzen unterschiedlicher regionaler und nationaler Ausprägungen galanter Kultur 1650–1730 trägt das Projekt hiermit zur Vertiefung des Verständnisses bei, wie ein komplexes Menschenbild und ein differenziertes Staatsverständnis in dieser Epoche in ästhetisch innovativer Form vermittelt wurde.
In der gegenwärtigen Situation neuer sozialer und politischer Konflikte und der grundlegenden Veränderung der medialen Herstellung gesellschaftlicher Öffentlichkeit, kann dieser Blick auf die Ursprünge der literarischen Vermittlung politischer und anthropologischer Theorie auch hinsichtlich heutiger Fragen zum Nachdenken anregen.