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Jeder Ort im traditionell romanischsprachigen Gebiet hat seine eigene Sprachgeschichte des romanisch-deutschen Nebeneinanders. Dies ist eine einzigartige Ausgangslage, um die Entstehung neuer Dialekte in einem mehrsprachigen Umfeld untersuchen zu können. Im Rahmen des Projekts werden drei verschiedene Sprachgemeinschaften miteinander verglichen:
(I) Monolinguale Sprecher und Sprecherinnen des Deutschen, die an Orten leben, die mittlerweile mehrheitlich, wenn nicht gar vollständig deutschsprachig sind. An diesen Orten hat sich bereits ein schweizerdeutscher Dialekt herausgebildet, der sich seither möglicherweise an andere schweizerdeutsche Dialekte angeglichen hat.
(II) Monolinguale Sprecherinnen und Sprecher des Deutschen an Orten, wo mehrheitlich Romanisch gesprochen wird. Diese Sprecher und Sprecherinnen sind ein fester Bestandteil der sprachlichen Landschaft des traditionell romanischsprachigen Gebietes.
(III) Die bilinguale romanisch-deutschsprachige Bevölkerung an Orten mit verschieden hohen Anteilen an Romanischsprachigen.
Bisher gibt es einige wenige Studien, die sich vor allem mit Fragen der Aussprache des Deutschen (also der Phonologie) bei Vertretern der Gruppen (I) und (III) beschäftigen. Über die Morphologie (wie Wörter an ihren grammatischen Kontext angepasst werden oder neue Wörter gebildet werden) oder die Syntax (wie Sätze aufgebaut sind) dieser Dialekte wissen wir hingegen kaum etwas. Die oben skizzierte Gruppe (II) wurde in der bisherigen Forschung sogar gänzlich vernachlässigt.
Die Untersuchung und der Vergleich dieser drei Sprachgemeinschaften schliesst nicht nur Lücken der schweizerdeutschen Dialektologie, sondern kann auch einen wichtigen Beitrag zu Theorien leisten, die die Herausbildung neuer Dialekte beschreiben. Studien im Rahmen dieser Theorien sind typischerweise in einsprachigen Settings angesiedelt. Im vorliegenden Fall können wir aber untersuchen, wie die romanischsprachige Sprachgemeinschaft einen neuen schweizerdeutschen Dialekt annimmt, der sich erst herausbildet, während die Gemeinschaft ihn erwirbt.
Im Rahmen des Projekts werden sprachliche Daten von 252 Sprecherinnen und Sprechern an 25 Orten im westlichen Teil des Kantons Graubünden, zu dem unter anderem die Surselva gehört, erhoben. Dazu werden Interviews geführt, im Rahmen derer morphologische und syntaktische Phänomene abgefragt werden. Damit lassen sich verschiedene Merkmale dieser schweizerdeutschen Dialekte im traditionell romanischsprachigen Gebiet im Detail beschreiben und es wird ein genaues Profil ihrer Grammatik gewonnen.